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Wenn Worte wehtun: Wie du Beschämung erkennst und dich schützt.

Trauriges Kind
Trauriges Kind

Worte sind Werkzeuge – und wie wir sie benutzen, entscheidet, ob sie verbinden oder verletzen. Im pädagogischen Alltag wirken Worte besonders stark: Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene erleben durch Sprache Anerkennung – oder tiefe Verunsicherung.

Beschämung durch Worte passiert oft unbewusst – im hektischen Alltag, im Stress oder aus Erziehungsgewohnheiten heraus.


INHALT



Was ist Beschämung überhaupt?


Beschämung – mehr als „ein bisschen peinlich“

Beschämung ist ein starkes Gefühl. Sie entsteht, wenn jemand sich bloßgestellt, entwertet oder herabgesetzt fühlt. Das passiert nicht nur durch harte Worte – auch Tonfall, Gestik oder Blickkontakt können beschämen.


Typische Anzeichen:

  • Erröten, Erstarren, Blick senken

  • sprachlos sein

  • Rückzug, Schweigen oder impulsives Verhalten

  • Inneres Gefühl: „Ich bin falsch“, „Ich genüge nicht“


Warum Beschämung so schmerzhaft ist

Scham trifft den Kern unseres Selbstwerts. Gerade Kinder reagieren extrem sensibel auf verbale Abwertung, besonders wenn sie öffentlich passiert.

Für pädagogische Fachkräfte bedeutet das: Schon scheinbar harmlose Bemerkungen können tiefe Wirkung entfalten.



Wo Beschämung im pädagogischen Alltag vorkommt


In der Kita und Schule – oft unbeabsichtigt

Kinder im Bildungsbereich erleben täglich Bewertungen: durch Lob, Kritik, Gesten, Blicke. Nicht jede Rückmeldung ist gleich Beschämung – aber manches verletzt mehr, als wir denken.


Beispiele aus der Praxis:

  • „Du bist ja immer der Letzte beim Anziehen!“

  • „Jetzt stell dich nicht so an!“

  • „Na, wer hat wieder nicht aufgepasst?“ (vor der Gruppe)

  • Auslachen bei Missgeschicken


Folgen für Kinder:

  • Rückzug oder Trotz

  • Angst, Fehler zu machen

  • Leistungshemmung

  • Langfristig: ein beschädigter Selbstwert


Im Team und Kollegium

Auch unter Fachkräften passiert Beschämung – teils subtil, teils deutlich.


Typische Situationen:

  • Korrigiertwerden vor dem gesamten Team

  • Spöttische Bemerkungen über Arbeitsweise

  • Ironische Untertöne in Besprechungen

  • Übergehen in Entscheidungen


Auswirkungen:

  • Unsicherheit und Selbstzweifel

  • Misstrauen im Team

  • Rückzug aus Diskussionen

  • Innere Kündigung


Im Kontakt mit Eltern oder Leitung

Fachkräfte werden nicht nur untereinander beschämt – auch Eltern oder Vorgesetzte können durch Tonfall oder Kommentare verletzen:


  • „Also das sollte man in Ihrem Beruf eigentlich wissen.“

  • „Warum haben Sie das nicht gesehen?“

  • „Meine Tochter hat zu Hause mehr gelernt als hier.“

  • Abwertende Vergleiche zwischen Gruppen oder Bezugspersonen



Was du tun kannst, wenn du beschämt wirst


Im Moment: Sich innerlich stabilisieren

  • Atme bewusst durch – das hilft, erste Stressreaktionen zu regulieren.

  • Nimm deinen Körper wahr (Füße auf dem Boden, Schultern entspannen).

  • Innere Grenze setzen: Sag dir innerlich „Stopp“ oder „Das betrifft nicht meinen Wert“.


Deeskalation durch Sprache

Wenn du dich bereit fühlst:

  • Ich-Botschaften helfen:

    • „Ich empfinde das gerade als verletzend.“

    • „Ich wünsche mir eine respektvolle Rückmeldung.“

  • Klare, ruhige Abgrenzung:

    • „So möchte ich nicht angesprochen werden.“

    • „Lassen Sie uns sachlich bleiben.“


Wichtig: Nicht in den gleichen Tonfall verfallen. Wer auf Augenhöhe bleibt, wahrt seine Würde.


Nach dem Vorfall: Aufarbeiten statt unterdrücken


  • Sprich mit Kolleg*innen deines Vertrauens.

  • Notiere dir, was passiert ist, wie du dich gefühlt hast und was du gebraucht hättest.

  • Reflektiere deinen eigenen Anteil – ohne dir Schuld zu geben.

  • Hole dir ggf. Unterstützung durch Supervision, Coaching oder externe Beratung.



Wie du andere – besonders Kinder – vor Beschämung schützt


Sprache bewusst einsetzen

  • Trenne Verhalten von der Person:

    • Statt: „Du bist unordentlich!“

    • Lieber: „Das Spielzeug liegt noch rum – räumen wir es gemeinsam auf?“

  • Vermeide Ironie oder Spott – Kinder verstehen das oft nicht.

  • Formuliere Rückmeldungen unter vier Augen, nicht vor der Gruppe.

  • Stelle Fragen statt zu bewerten:

    • „Was war deine Idee dabei?“ statt „Das ist doch Quatsch.“


Positive Beziehungskultur im Team

  • Konstruktives Feedback statt Bloßstellung

  • Fehler als Lernchancen ansehen – für Kinder und Erwachsene

  • Teamsupervision regelmäßig nutzen

  • Kollegiale Rückmeldung auch bei Sprachmustern: „Das kam gerade etwas hart rüber – so war’s sicher nicht gemeint.“



Prävention: Eine Kultur der Achtsamkeit schaffen


Beobachte dein eigenes Verhalten

Beschämung geschieht oft aus Gewohnheit – nicht aus böser Absicht. Achte auf:

  • Tonfall in Stresssituationen

  • Körpersprache bei Kritik

  • Wiederholte Wortmuster („Du immer, du nie…“)


Eingreifen, wenn jemand beschämt wird: Es braucht nicht viele Worte

Wenn du beobachtest, dass jemand – Kind, Kolleg*in oder Elternteil – beschämt oder bloßgestellt wird, ist das Wichtigste überhaupt, überhaupt etwas zu tun. Oft zögern wir, weil uns die „richtigen Worte“ fehlen. Doch du musst kein kluges Gegenargument haben.

Wichtig ist: Setze ein klares Zeichen.

Ein einfaches:

„Stopp. Hier stimmt gerade etwas nicht.“„Moment, das fühlt sich nicht gut an.“„Ich glaube, das war jetzt verletzend.“

Diese kurzen Interventionen sind oft wirksamer als lange Erklärungen. Sie holen alle Beteiligten aus der Situation heraus, schaffen Raum zum Nachdenken – und signalisieren dem beschämten Menschen:

Du bist nicht allein. Jemand hat gesehen, was passiert ist.


Gerade in Teams oder Gruppensituationen hilft es, wenn wenigstens eine Person klar Haltung zeigt – nicht angreifend, aber deutlich. Es ist nicht deine Aufgabe, in dem Moment alles aufzulösen. Aber du kannst eine Grenze markieren.


Beschämung lebt von Mitläufertum oder Schweigen. Respekt beginnt mit dem Mut, sie zu unterbrechen.



Fazit: Worte formen Beziehungen – nutze sie mit Bedacht

Als pädagogische Fachkraft trägst du Verantwortung – nicht nur für Bildung, sondern auch für emotionale Sicherheit. Beschämung lässt sich nicht immer vermeiden, aber bewusst wahrnehmen, ansprechen und bearbeiten.


Gleichzeitig darfst du auch dich selbst schützen, wenn du durch Sprache verletzt wirst.


Worte hinterlassen Spuren – entscheiden wir uns dafür, dass sie ermutigend sind.


Wie gehst du mit Beschämungen um? Ich freue mich über deinen Kommentar zum Thema "Wenn Worte wehtun."


Herzliche Grüße

Siglinde



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Siglinde Czenkusch

Zur Ponywiese 7

57462 Olpe

Deutschland

Tel.: +49 (0) 2761 9423838

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