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"Für mich ist die Welt bunt und vielseitig!"

Aktualisiert: 10. Okt. 2023

Interview mit Gesa Oldekamp über "Gute Nachrichten"




Mit der Netzwerkerin und Bloggerin Gesa Oldekamp durfte ich ein spannendes Interview über "Gute Nachrichten" führen. Sie erzählt darin auch, wie sie sich mit aktuellen Nachrichten versorgt und dabei den Fokus eher auf die konstruktiven und guten Nachrichten richtet.


Außerdem empfiehlt sie bemerkenswerte Bücher, die uns helfen, den Blick auf das Gute zu bewahren - bedeutsam für unsere mentale Gesundheit!


INHALT



1. Was hat Dich dazu inspiriert, Dich mit dem Thema "Gute Nachrichten" auseinanderzusetzen? Und was hat sich seitdem bei Dir persönlich geändert?

Die Idee entstand tatsächlich beim Schreiben. Ich habe im November 2022 an der Blogparade von Marion Abend zum Thema Nachrichten und Gesundheit teilgenommen. Ich hatte mich drei Jahre zuvor schon mal mit dem Thema auseinandergesetzt, es dann aber wieder in den Hintergrund geschoben.

Im Herbst letzten Jahres hat es für mich an Relevanz gewonnen aufgrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine, der beginnenden Inflation, den Diskussionen über Energieknappheit usw.

Und dann kam mir spontan beim Schreiben die Idee, selbst einen positiven Beitrag zu leisten und ausgewählte positive Nachrichten zu verbreiten. Dafür war der Advent ein idealer Anlass und Zeitraum, das auszuprobieren.

Also habe ich einen Newsletter dazu aufgesetzt, die Info in meinem Netzwerk und auf Social Media gestreut.

Und dann ging es am 1. Dezember los. Bis zum 30. November war ich so mit Vorbereitungen beschäftigt, dass ich bis dahin keine einzige gute Nachricht gesammelt hatte. Ein paar Ideen im Hinterkopf, aber nichts Geschriebenes.

Von da an habe ich bis zum 24. Dezember jeden Tag wieder eine passende Nachricht gesucht.


Mir hat die Aktion sehr viel Freude bereitet. Und das zahlreiche Feedback meiner Leserinnen hat mich getragen und dazu gebracht, bereits ab Juli dieses Jahres wöchentlich eine gute Nachricht zu veröffentlichen. Die Veränderung des Fokus bewirkt sehr viel.


Am Ende wurde die Aktion mit „Eine gute Geschichte“ titelgebend für meinen Jahresrückblick 2022.


2. Wie schaffst Du es, in einer Zeit, in der negative Nachrichten oft im Vordergrund stehen, positive Geschichten und Ereignisse zu finden?

Für mich ist die Welt bunt und vielseitig. Dazu gehört auch schwarz. Das will ich gar nicht leugnen. Die Frage ist für mich, ob ich nur schwarz sehen will, oder auch meinen Blick zur Seite richte und auch das Bunte sehe. Ich habe mich bewusst für Letzteres entschieden und lese jeden Tag konsequent gute Nachrichten.

Diese guten Nachrichten zu finden ist eigentlich gar nicht so schwer, wenn man sich mal ein wenig umschaut. Es gibt viele Websites und Podcasts hier in Deutschland - aber auch international - die ausschließlich gute oder konstruktive Nachrichten verbreiten.

Dazu habe ich noch Quellen gesucht, die sich mit Zukunft bzw. Forschung oder dem Klimawandel beschäftigen. Meine Liste mit den wichtigsten Links habe ich hier zusammengestellt. Gerade bei den Podcasts gibt es von der ARD sehr, sehr viele gute Sendungen, die ich gar nicht alle aufzählen konnte, die gut recherchiert berichten.


3. Kannst Du ein Beispiel für eine positive Nachricht erzählen, die Dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Eine der schönsten Nachrichten ist für die mich die der helfenden Großmütter in Simbabwe. Simbabwe ist ein sehr armes Land. Viele Einwohnerinnen sind HIV-positiv und leiden an Depressionen. Sie wissen oft nicht weiter, wie sie für sich und ihre Familien sorgen sollen. Für die 16,5 Mio Einwohnerinnen des Landes gibt es keine 20 Psychiater.

Einer von ihnen kam 2006 nach dem tragischen Tod einer Patientin und vielen Gesprächen mit Beteiligten auf die Idee, eine Initiative zu gründen, die Menschen mit Depressionen direkt vor Ort Hilfe anbieten kann.

Er entschied sich, Großmütter in sein Projekt einzubinden. Nach einer Ausbildung in kognitiver Verhaltenstherapie bekommen die Großmütter in ihrer Gemeinde eine Parkbank zugewiesen. Dort sitzen sie tagsüber auf einer sogenannten “Friendship Bench” und sind ansprechbar für Patientinnen mit leichten bis mittelschweren Depressionen. Die Großmütter bringen sich aber nicht nur ein, sondern erleben durch die Hilfe, die sie geben, eine große Motivation und Selbstwirksamkeit.


Aus meiner Sicht ein wunderbares Beispiel, aus den vorhandenen Ressourcen mit wenig Aufwand viel Hilfe und Unterstützung geben zu können.


4. Wie würdest Du jemandem raten, der Schwierigkeiten damit hat, sich vor der Flut von negativen Nachrichten zu schützen und einen optimistischeren Blick auf die Welt zu entwickeln?

Wichtig ist es vor allem am Morgen, nicht gleich mit schlechten Nachrichten zu beginnen, sondern gute oder konstruktive Nachrichten zu lesen oder zu hören.

Ich kann nur sagen, dass es sich lohnt, seinen Blick auf andere als die bisher üblichen Nachrichtenquellen zu richten. Aber unser Hirn ist süchtig nach diesen Nachrichten. Wir haben Angst, etwas zu verpassen. Daher ist es nicht einfach und erfordert jeden Tag wieder eine neue Entscheidung.

Das ist ähnlich wie die Entscheidung, keinen Kaffee mehr zu trinken oder nicht mehr zu rauchen.





5. Wie versorgst Du Dich mit aktuellen Nachrichten, damit Du auf dem Laufenden bist und Dich aber auch nicht belastest?

Tatsächlich lese ich morgens noch eine überregionale Tageszeitung und konstruktive Nachrichten. Ab Mitte November bis Weihnachten fokussiere ich mich auf gute Nachrichten, um eine wirklich gute Auswahl für meinen Adventskalender zusammenstellen zu können.


6. Was genau verstehst Du unter einer „Guten Nachricht“?

Ja, das ist eine sehr gute Frage. Ich persönlich verstehe darunter zwei verschiedene Arten von guten Nachrichten. Das eine sind konstruktive Nachrichten, also Nachrichten, die sehr gut recherchiert sind, Hintergrundinformationen und Lösungen anbieten. D.h. wenn ich eine konstruktive Nachricht lese, fühle ich mich in der Hauptsache informiert – und nicht verunsichert und verängstigt, auch wenn der Inhalt an sich jetzt nicht als „gut“ oder „positiv“ zu bezeichnen ist.

Die guten Nachrichten, die ich suche, editiere und versende, beschreiben eine Lösung für ein Problem, die zumindest mir so bisher nicht bekannt war. Und diese Lösung ist dann auch skalierbar und hat einen echten Impact.

Machen wir es mal an einem ganz konkreten Beispiel. Wenn ein Hund nach Jahren aus einem Tierheim zu einem neuen Halter oder einen neuen Halterin kommt, dann ist das für Hund und Halter:in eine sehr schöne Nachricht. Für mich fehlt bei der Nachricht die Skalierung.

Wenn z.B. jemand einen Test entwickeln würde, ob jemand hundetauglich ist, der das bisher noch nicht war oder aber erwirken würde, dass für Hunde, die aus dem Tierheim geholt werden, dauerhaft keine Hundesteuern bezahlt werden müssen und sich damit mehr Menschen für einen Tierheimhund entscheiden, dann wäre das für mich eine gute Nachricht. Denn dadurch kann grundsätzlich etwas geändert werden.


7. Wir leben in einer aufreibenden Zeit mit vielen Krisen und Veränderungen. Was sagst Du denen, die davon sprechen, dass alles den Bach runter geht?

Auf die Schnelle empfehle ich die Teilnahme am Gapminder-Test. In dem Test werden Fragen zur langfristigen Entwicklung der Welt gestellt. Wer mehr erfahren möchte, dem empfehle ich entweder das Buch Factfulness. Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist von Hans Rosling, Anna Rosling Rönnlund und Ola Rosling. Denn durch die in den konventionellen Medien verbreiteten Nachrichten entsteht das Bild, dass die Welt den Bach runtergeht. Dem ist aber langfristig gesehen nicht so.


Und zur Wirkung von Nachrichten gibt es auch zwei sehr gute Bücher: Von Rolf Dobelli Die Kunst des digitalen Lebens. Wie Sie auf News verzichten und die Informationsflut meistern und von Ronja von Wurmb-Seibel Wie wir die Welt sehen. Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien. Beide Autoren beschreiben, was Nachrichten mit unserem Denken machen und wie sie unser Weltbild beeinflussen.

Ronja von Wurmb-Seibel fasst dabei den Begriff der Nachrichten noch weiter und umfasst damit auch noch die Geschichten, die wir uns in der Familie, Nachbarschaft oder auf der Arbeit erzählen.

Und sie hat am Ende eines jeden Kapitels einen oder mehrere Tipps, um den eigenen Nachrichtenkonsum zu verändern.


Es ist natürlich nicht ganz einfach, sich vom allgemeinen Nachrichtenkonsum freizumachen, weil wir Angst haben, etwas zu verpassen.

Ich kann aber nur sagen, dass der Gewinn durch konstruktive und gute Nachrichten deutlich größer ist.



8. Wenn Du Programmdirektorin beim ZDF wärest, was würdest Du sofort anders machen?

Den Job möchte ich nicht haben, denn das Geschäftsmodell des ZDF ist darauf ausgerichtet, Geld mit schlechten Nachrichten zu machen.

Und die Zuschauenden erwarten dort schlechte Nachrichten, auch wenn diese dort natürlich seriös daherkommen. Trotzdem geht es um hyperaktuelle Nachrichten und z.B. aktuelle Opferzahlen von Unglücken usw. Es erfolgt dann Berichterstattung in Dauerschleife ohne wirkliche Hintergrundinformationen und Aufklärung – die es ehrlicherweise zu dem Zeitpunkt auch noch nicht geben kann. Die Zuschauenden wollen live dabei sein.


Wenn man beim ZDF – oder auch anderen TV- und Radiosendern oder Zeitungen - nur gute und konstruktive Nachrichten senden würde, ist das Echo dasselbe, wie wenn Du bei VW in der Kantine die Currywurst streichst.


Ich denke, eine Änderung ist durch die bisherigen Anbieter nur langfristig möglich. Der Markt muss durch neue Marktteilnehmende verändert werden.



9. Über Gesa Oldekamp

Gesa Oldekamp, MeetingDesignerin, Netzwerkerin und Storytellerin für Gute Nachrichten, www.gesa-oldekamp.de.

Ihren Newsletter "Nur gute Nachrichten" kann ich sehr empfehlen. Auf die wöchentlichen, gut recherchierten Berichte über gelungene Lösungen freue ich mich immer schon sehr! Hier kannst Du ihn abonnieren: https://gesa-oldekamp.lpages.co/gute-nachrichten/

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