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So habe ich Zweifel und Ängste beim Weg in die Selbstständigkeit überwunden.

Aktualisiert: 30. März 2023

Was ich immer mal wieder gefragt werde: Hattest Du Zweifel und Ängste, als du von deiner sicheren Angestelltentätigkeit in die Selbstständigkeit gewechselt bist und wie hast du es geschafft, sie zu überwinden?



Von der Erzieherin und Logopädin zum Coach und zur Trainerin


Zunächst hatte ich 7 Jahre als Erzieherin gearbeitet. Nach der Ausbildung in meinem Traumberuf "Logopädin" arbeitete ich 2 Jahre in einer logopädischen Praxis in Hessen. Von Anfang an war klar, dass ich mich nach der damals noch vorgeschriebenen Angestelltenzeit selbstständig machen werde.


In Marie-Luise Böhm hatte ich eine sehr kompetente und menschlich wunderbare Chefin, von der ich so unglaublich viel gelernt habe. Nach 13 Jahren in der eigenen Praxis und vielen Seminaraufträgen zu den Themen Sprachförderung und Kommunikation verkaufte ich die Praxis an meine liebe Mitarbeiterin Stephanie Glaremin.


Seitdem führe ich Seminare und Beratungen als "Alleinunterhalterin" durch. Zwischendurch ließ ich mich für 3 Jahre als Kita-Leiterin anstellen, um dann aber wieder fröhlich als Freiberuflerin zu arbeiten.



Der erste Sprung in die Selbstständigkeit: leicht und pure Vorfreude!

Die Praxiseröffnung in 1997 habe ich in vollen Zügen uneingeschränkt genossen! Mir war klar, dass diese Selbstständigkeit erfolgreich sein wird. Ich habe mit viel Freude und Zuversicht geplant, gerechnet und die Räume gestaltet. Natürlich musste ich einen Kredit aufnehmen, aber weil die Kosten durch die Krankenkassen übernommen werden und der Bedarf an logopädischer Versorgung sehr deutlich vorhanden war, habe ich kaum ein Risiko in meiner Selbstständigkeit gesehen.

Schon bald konnte ich Mitarbeiter*innen einstellen, eine Rezeptionsfachkraft war gleich von Anfang mit im Boot. Nach drei Jahren bin ich in andere Räumlichkeiten mit vier Behandlungszimmern umgezogen und das Team vergrößerte sich weiter.



Der zweite Sprung in die Selbstständigkeit: sorgenschwer und voller Zweifel!


Dann, nach 13 Jahren, entschloss ich mich, die Praxis zu verkaufen, da die vielen Seminare und die Aufgaben in der Praxis (Teamentwicklung, eigene Therapien, Praxis-Management, Öffentlichkeitsarbeit,...) vom Umfang her zu viel wurden, so dass ich auch an den Wochenenden viele (zuviele!) Stunden gearbeitet habe.


Also startet ich mit meiner Selbstständigkeit "Mut zur Sprache" in einem kleinen Büro nahe der Logopraxis. Webseite, Visitenkarten, Logo-Erstellung und Aquise (Kaltaquise!) kamen als neue Aufgaben auf mich zu.


Die finanzielle Seite in der Logopädie war eigentlich eine Planwirtschaft mit festen Honoraren und verlässlichen Zahlungspartnern, obwohl ich auch einige Kooperationsverträge mit Klinken und Seniorenheimen abgeschlossen hatte.


Anders als in der Logopädie befand ich mich jetzt aber auf dem ganz freien Markt - hallo Kapitalismus! Die Honorare mussten definiert und ausgehandelt werden, die bis dahin mir unbekannte Umsatzsteuer kam hinzu, die Einnahmen waren nicht kontinuierlich vorhanden, sondern in den Monaten sehr unterschiedlich hoch.


Und ich musste mir neue Bildungsanbieter suchen. Anrufen, Flyer schicken, mich vorstellen und meinen Ansatz und Arbeitsweise darstellen.

Und erst einmal alles annehmen, auch wenn die Einsatzorte weit entfernt waren - Kiel, München, Dresden, Halle, Saarlois, Emden.


Nach und nach kamen zu den schon bestehenden Auftraggeber*innen neue hinzu und durch das Bundesprogramm "Schwerpunktkitas Sprache" und viele bundesweite Aufträge für die Dienstleistungsfirma "Polygonvatro" zum Thema "Serviceorientierte Sprache und Höflichkeit" hatte ich genug Seminartage zu bedienen und das Einkommen war eigentlich sehr bald gesichert.



Was machte mir Angst?


Verdiene ich genug? Kann ich dauerhaft die Fixkosten tragen? Bekomme ich genug Aufträge? Und was ist, wenn ich krank werde und länger ausfalle? Mit der Praxis und den Angestellten wäre diese Situation handhabbar gewesen. Aber so alleine?

Diese bedrückenden Fragen waren da!

Und die Antworten würden sich erst mit der Zeit ergeben. Das war die große und bedrohliche Unsicherheit, die ich bisher so nicht gekannt hatte.



Welche guten Bedingungen gab es?


Meine Schulden bei der Bank durch das Darlehen für die Praxis waren schon lange getilgt. Meine Tochter stand auf eigenen Füßen und hatte ihr Studium beendet - brauchte also keine finanzielle Unterstützung mehr durch mich.

Ich wusste, dass ich mich auf meine Familie verlassen kann und dass sie mir immer helfen würden, wenn es einmal schwierig werden sollte. Die Freude auf mein neues Büro und das Arbeiten in Seminaren und zusätzlich zu wissen, dass ich mich jetzt nur noch um meine eigenen Termine kümmern musste gaben mir viel Motivation.

Die Fokussierung war ja ein angestrebtes Ziel von mir und sollte zur Entlastung beitragen. Also auch die Hoffnung auf mehr Zeit, mehr Freizeit gaben mir viel Schwung!

Außerdem wusste ich, dass ich selten krank bin und wenn, dann nur am Wochenende - und darauf habe ich mich einfach mal verlassen.



Wie habe ich den Wechsel erlebt?


In der Übergangsphase, also einige Wochen dem Verkauf der Praxis und dem Aufbau meiner Trainerselbstständigkeit hatte ich massive und äußerst schmerzhafte Verspannungen im Nacken-Schulterbereich. Ich machte Dehnungsübungen, Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, ging zum Osteopathen. Auf meine Frage, was ich noch tun könne, damit es mir besser geht, sagte er:

"Sie können noch sehr viel unternehmen - mir scheint aber wichtig zu sein, dass Sie auch einmal überhaupt nichts tun."

Okay! Also habe ich angefangen zu meditieren, einfach nur zu sitzen und den Atem beobachten, die Gefühle wahrnehmen, die Gedanken kommen und gehen lassen und zu weiter einfach nur sitzen. Das war sehr wohltuend!



Ein zweites Erlebnis war bedeutsam!


Irgendwann habe ich angefangen - auch nachts - alles aufzuschreiben, was mir an Gedanken und Sorgen durch den Kopf ging. Und als ich bemerkte, dass ich mir immer sehr angestrengt Mut zusprach und mich beruhigen wollte, wurde mir klar, dass ich mir endlich auch meine Angst eingestehen darf und sie formulieren darf. Die Angst saß mir ja förmlich im Nacken!


"Ich habe eine Scheiß-Angst!!! (Sorry!) Ich mache mir Sorgen um meine Zukunft und das ist doch völlig normal und verständlich. Ich darf diese Angst haben und mich trotzdem neugierig auf den neuen Weg machen. Und ich war auch traurig, denn der Abschied von der Praxis und meinem Team fiel mir doch schwer! Und so ist es jetzt im Moment!"


Dann hatte ich das starke Bild einer Hängebrücke vor meinen Augen. Ich stand mitten darauf und alles war in Bewegung, verunsicherte und ängstigte mich.

Das Vertraute hinter mir und schon weit weg. Das Neue noch vor mir und ziemlich unbekannt. Und alles am Schwanken.

Dass so eine Situation nicht nur Vergnügen bereitet ist ziemlich logisch.


Mit deutlich mehr Verständnis und liebevoller Akzeptanz für meine Sorgen konnte ich mich tatsächlich zunehmend besser entspannen, locker lassen und zuversichtlich werden.


Ein (Wellness-) Aufenthalt im Kloster Arenberg bei Koblenz und mit einem seelsorgerlichen Gespräch mit einer Schwester dort half mir, zu reflektieren und meinen Frieden mit meiner Entscheidung zu machen.

"Sie haben die Praxisphase doch gut und würdigend verabschiedet, nun sind Sie frei für neue und andere spannende Aufgaben."


Ja! Auf geht's in die Zukunft - in die selbst gewählte Zukunft! Sei kein Frosch! Trau Dich!


Und was auch bis heute noch gilt:

Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere! Wie wahr!



Welche weisen Worte waren noch hilfreich?


Ein Seminarteilnehmer hatte mir einmal von seiner Auszeit erzählt. Er hatte die Welt bereist und war finanziell so gut wie nicht abgesichert. Er sagte: "Zur Not könnte ich auch 4 Wochen lang nur Milchreis essen!" Das hat mich amüsiert, aber auch sehr beeindruckt - zumal ich Milchreis liebe! ;-)

Ja, das konnte ich mir auch vorstellen! Eine Weile eben die Ansprüche herunterschrauben, auf sehr kleinem Fuße leben und dann wird sich schon eine Lösung finden.


Eine andere Äußerung gab mir auch viel Zuversicht. Meine Frauenärztin meinte zu mir: "Ich glaube nicht, dass Sie sich Sorgen machen müssen. Ich befürchte eher, dass Sie in 5 Jahren wieder zu viel zu tun haben!"


Und ich selber habe mir immer gesagt: "Ich bin ja immer noch Logopädin und Erzieherin! Da werde ich sicher wieder eine Beschäftigung finden!"


Was hat mir noch geholfen und Mut gegeben?


Ganz wichtig und wunderbar war das wöchentlich Treffen per Skype mit meinen Dozentenkolleginnen Barbara Willmroth und Helma Ostermayer über viele Jahre.

Wir haben uns in den Besprechungen gegenseitig gestärkt, motiviert und bereichert mit unseren Ideen und Lösungen, wenn es einmal nicht so rund lief. Dafür bin ich im Nachhinein immer noch sehr dankbar!


Und die schon bestehenden Kooperationen mit Bildungsträgern wie der Kreisvolkshochschule Altenkirchen mit dem von mir sehr geschätzen Leiter Bernd Kohnen oder Pädquis in Berlin und vielen Kitas im Westerwald gaben mir Sicherheit und Kontinuität.


Wo stehe ich jetzt?


Mmmhh... jetzt habe ich noch gut 5 Jahre vor mir, bis ich in das gesetzliche Rentenalter eintrete. Mir ist klar, dass ich auch weiterhin tätig bleiben möchte, aber dann deutlich weniger und noch ausgewählter.


Im Moment bin ich gut beschäftigt mit Seminaren zu den Themen Kommunikation in medizinischen und pädagogischen Berufen, Teamentwicklung und Konflikmanagement, Sprachförderung. Aber auch in der Ausbildung von Ehrenamtlichen in der Telefonseelsorge, in der Palliative-Care-Arbeit oder im Hospiz.


Ich bin glücklich, dass ich viele Seminare im Online-Format halten kann und dadurch nicht mehr so weite Strecken zu fahren habe (ja, Corona sei Dank!).


Mittlerweile bin ich fleißig am Bloggen und werde als Autorin für Fachzeitschriften angefragt.

Mein Ziel für die nächsten Jahre ist dieses:


Ich möchte einige Online-Kurse entwicklen, die automatisiert an den Start gehen können.


(Ein Buch zu schreiben wäre auch ein Ziel, aber das ist noch nicht konkret genug und aktuell noch nicht in Planung.)

Fazit: Die Freiheit, selbstständig zu arbeiten, genieße ich sehr!

Es hat sich für mich bewährt, immer auf dem Laufenden zu sein und Veränderungen zu wagen, neue Themen zu entdecken und mit aufgeschlossenen Menschen arbeiten zu dürfen.


Surfen lernen im Auf und Ab des Lebens hilft dabei sehr!


Durch meinen Freundeskreis, ein wunderbares Netzwerk und durch die Zusammenarbeit mit lieben Kolleg*innen fühle ich mich verbunden und gestärkt.


So, wie es jetzt ist, ist es richtig gut so und ein frohes Glück. :-)



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